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July 1, 2019

Braucht der Verwaltungsrat ein Budget oder nicht?

Mehr Eigeninitiative und ein eigenes Budget könnten Verwaltungsräten helfen, ihren Aufsichtspflichten besser nachzukommen. In den letzten Jahren sind die Erwartungen an Verwaltungsräte bezüglich Aufgaben und Rechenschaft laufend gestiegen. Auch die Höhe der Vergütung von Verwaltungsräten ist mehr denn je in Fokus von Aktionären, Medien und Regulatoren geraten. Verfügen Verwaltungsräte aber auch über ausreichende Instrumente, Zugang zu Informationen und Unterstützung durch Experten, um ihr Mandat qualitativ hochwertig ausüben zu können?

Adäquate Ressourcen für andere, aber für sich selbst?

Der Verwaltungsrat hat als Teil seiner fundamentalen Pflichten in den meisten Rechtssystemen eine direkte oder indirekte Aufsichtspflicht über die gesamten Finanzen und Ressourcen des Unternehmens. Aber während er gewährleistet, dass andere Funktionen im Unternehmen über adäquate Ressourcen (personell / finanziell / informationsbezogen) verfügen, stellt sich die Frage, wie er dies auch für sich selbst sicherstellt?

Der traditionelle Ansatz

Früher waren die Erwartungen an Verwaltungsräte deutlich geringer und recht unterschiedlich zwischen Unternehmen. Ressourcen für die Tätigkeit des Verwaltungsrates wurden mit denen des Managements vermischt. Eine separate und systematische Betrachtung der für den Verwaltungsrat eingesetzten Mittel wurde nicht als nötig empfunden. Da der VR nicht Herr über sein eigenes Budget war, bedeutete dies auch, dass der CEO in bestimmten Fällen einen gewissen Grad an Einfluss auf die Aktivitäten des Verwaltungsrates hatte.

Mehr Effektivität und Unabhängigkeit

Der traditionelle Ansatz wird jedoch dem zunehmenden Anspruch an Effektivität und Unabhängigkeit des Verwaltungsrates nicht mehr gerecht. Ein Planungs- und Budgetierungsprozess, der nicht auf Entscheidungen des VR beruht und durch diesen gesteuert wird, beeinträchtigt dessen tatsächliche oder wahrgenommene Unabhängigkeit. Zudem ist es der Verwaltungsrat, der neue Anforderungen an das Gremium am besten einschätzen und planen kann. Diese neuen Bedürfnisse lassen sich in vier Bereiche gliedern:

  • Tagesgeschäft
  • Kompetenz und Selbsteinschätzung
  • Entscheidungsfindung und Assurance
  • Besondere Situationen

Der VR als treibende Kraft

Der VR, nicht das Management, soll die treibende Kraft hinter der Planung der VR-Ressourcen und Budgets sein. Der Vorteil liegt dabei nicht nur im Ausdruck von mehr Unabhängigkeit, sondern auch im Beitrag zur eigenen Effektivität.

Dies mag sich je nach Konstellation im Tagesgeschäft, im Kompetenzaufbau oder bei der Entscheidungsfindung in schwierigen Situationen zeigen. Immer mehr von Verwaltungsräten einzufordern, ohne ihnen zu erlauben, sich selbst mit den notwendigen Ressourcen zu versorgen, bedeutet eine Einschränkung ihrer Fähigkeit, diese höheren Anforderungen zu erfüllen. Ein eigenes VR-Budget hilft bei der internen Vertraulichkeit des Verwaltungsrates und schützt das Management vor Vorwürfen, dass es die Entscheidungen der Verwaltungsratsmitglieder und Experten beeinflusst. Zudem kann ein gesondertes, vom Verwaltungsrat kontrolliertes Budget die Diskussion um die Steigerung der eigenen Effektivität im Gremium enorm bereichern.